PASSIONSWEGE 2022

Die Passionswege sind wieder da! Seit ihrem Bestehen bringt das Format internationale und österreichische Designschaffende mit Wiener Handwerksbetrieben zusammen. Die von der VIENNA DESIGN WEEK beauftragten Dialoge finden abseits der kommerziellen Zwängen üblicher Arbeitsbeziehungen statt und ermöglichen es den kuratierten Tandems aus Handwerker*innen und Designer*innen, der Leidenschaft in ihrer Arbeit nachzugehen: Sie experimentieren, tauschen Wissen aus – und schaffen zusammen unerwartete Lösungen, die am Ort ihrer Entstehung in oftmals authentisch wienerischen Werkstätten und Geschäftslokalen gezeigt werden. An ähnlicher Stelle ist auch die international tätige Initiative co/rizom tätig: Durch den gezielten Einsatz von Design und einem Bündel an entsprechenden Onlinewerkzeugen unterstützt sie Handwerker*innen dabei, neue Absatzmärkte zu erschließen. Während die Passionswege ein freies Format ohne kommerzielle Ausrichtung bleiben, eröffnet die Kooperation mit co/rizom den Projektpartner*innen eine Fortsetzung der Zusammenarbeit im Entwicklungs- und Vertriebsrahmen der Plattform.


ANNA ZIMMERMANN
mit Bakalowits

Wer an Kristallluster denkt, hat in der Regel den Behang vor Augen: Glaselemente unterschiedlichster Machart, die den Leuchten ihr Funkeln geben. Die Herstellung von Lustern kommt aber mit Glas allein nicht aus. Ohne Expertise in der Metallverarbeitung hängen selbst die schönsten Kristalle in der Luft. So sind Kristalllustermanufakturen wie die seit beinahe 180 Jahren in Wien bestehende Firma Bakalowits in erster Linie Gürtler und Schlosser – also Meister*innen im Arbeiten mit Metallen wie Eisen und Messing.

In ihrem Passionswege-Dialog mit Bakalowits hatte die Designerin Anna Zimmermann also ein Bild zurechtzurücken: Anstatt der sonst im Mittelpunkt stehenden Kristalle sollten einmal die üblicherweise dienenden Metallteile die Hauptrolle spielen. Und überhaupt wäre es ja viel zu naheliegend, eine Leuchte zu entwerfen – der Passionsweg ist schließlich oft der Umweg! So entwickelten Designerin und Betrieb gemeinsam eine Kollektion an Möbelstücken und Accessoires aus den gebogenen Metallprofilen der Maria-Theresien-Kronleuchter. Um die Arbeiten gebührend zu präsentieren, zeigt Zimmermann mit einer Fotoserien und einer temporären Umgestaltung des Gumpendorfer Schauraums der Firma ihren Blick auf den ehemaligen Hoflieferanten.


FRIEDER BOHAUMILITZKY
mit Ursula Klein (schulteswien)

Design ist politisch. Handwerk ist politisch. Leben in der Stadt ist politisch. Entlang dieser Überzeugungen hat der Designer Frieder Bohaumilitzky mit Ursula Klein zusammengefunden. Aus Kleins Werkstatt kommen Objekte, die raumgreifend sind, obwohl sie aus kaum etwas bestehen. schulteswien, der Betrieb den sie in dritter Generation leitet, verschweißt Kunststoff zu aufblasbaren Formen – so etwa für Installationen namhafter Künstler*innen.

Gemeinsam machen sich Bohaumilitzky und Klein für ihr Passionswege-Projekt die Qualitäten von Inflatables zunutze, nämlich: Raum einnehmen und Statements setzen. Ihre Installation mit dem Titel „Unter dem Pflaster liegt der Strand“ („Sous les pavés, la plage“ – ein Slogan der französischen 1968er-Bewegung) greift von Kleins Werkstatt im Mariahilfer Gewerbehof auf die Freifläche der Festivalzentrale auf der GSTÄTTN über. Dort lädt die Zusammenstellung aus Aufblasbarem zum Spekulieren darüber ein, was war, was sein könnte – und zur Kritik dessen, was ist. Für wen ist die Stadt da? Wer gestaltet sie? Und was soll sie leisten? Diese Fragen kann man sich beim Liegen auf der luftigen Installation nicht nur selbst stellen, das Passionswege-Team diskutiert sie auch mit einer Reihe an Gästen aus Design, Politik und Gesellschaft.


Kuratiert wurden die Passionswege heuer von Nadja Zerunian (Mitgründerin von co/rizom) und Gabriel Roland (VIENNA DESIGN WEEK).