Reviews: 2022

PLATFORM 2022

Die Programmpartner*innen der VIENNA DESIGN WEEK tummeln sich seit 2022 auf der PLATFORM, womit ihre Inhalte mittels genauer räumlicher und zeitlicher Planung noch mehr zum Glänzen gebracht werden. In diesem für Publikum und Kreativszene offenen Programmformat entstand auch diesmal in gewohnter Weise vieles, das nirgendwo sonst zu erleben ist:

In der Festivalzentrale im GEWÖLBE etwa, wo sich die einnehmende audiovisuelle Installation von LAUFEN an eine sinnliche Erzählung zum Schaffen mit den eigenen Händen fügte (ESAD.CR). Nicht wie die darin präsentierten Dekorations- und Gebrauchsgegenstände per Hand, sondern per Roboterarm wurden die höchst sehenswerten Porzellanobjekte hergestellt, die aus einem experimentellen Prozess an der Warschauer School of Form hervorgegangen und im Polnischen Institut Wien zu bestaunen waren. Genauso wie das Polnische Institut Wien zählt auch das MAK längst zu den Wohnzimmern der VIENNA DESIGN WEEK. Mit einer Serie rasanter Flythroughs durch die Sammlungen war dort diesmal das Kollektiv Design in Gesellschaft zu Gast. Seine Homebase hat DING in der Engerthstraße 124. Trotz dieses für manche abgelegenen Standorts erfreute sich auch die dort präsentierte und ganze 85 Positionen umfassende Schau größter Beliebtheit – ein Wohlfühlort im 20. Bezirk!

Dass Design mitunter auch das Gestalten menschlichen Wohlbefindens ist, verdeutlichten die pharmazeutischen Beiträge der Saint Charles Apotheke und der Marien Apotheke Wien. Letztere beschäftigt Österreichs ersten und einzigen gehörlosen Apotheker und stellte anlässlich des Festival unter anderem ein einzigartiges Daumenkino mit teils eigens entwickelten Gebärden vor. In der Saint Charles Apotheke wiederum lud die Designforschungsgruppe Simiæn zur Teezeremonie mit Flechteninfusion. Das Gewächs kommt auch in den Alpen vor – und genau mit dieser Domäne befassten sich die in der Gumpendorfer Straße direkt gegenüber ausstellenden Mitglieder des Kollektivs temporary.arrangement, die einen Galerieraum herausragend mit poetisch-folkloristischen Stücken zum Heimatbegriff füllten.

Nach zeitgemäßen Formen der Darstellung suchte auch die Designerin Johanna Pichlbauer. Ganz im Sinne der im 16. und 17. Jahrhundert geläufigen Praxis, asiatische Porzellanobjekte in Europa in Goldbronze oder Silber zu fassen, um sie für westliche Sammler*innen attraktiver zu machen, erweckte sie Vasen aus der Rumpelkammer von Schloss Hollenegg mit neuen Funktionen, Materialien und Accessoires zum Leben. In direkter Nachbarschaft zu Pichlbauers Präsentation thronte ein ikonischer Stuhl aus der Feder Hermann Czechs, dem Gebrüder Thonet Vienna aktuelle Möbel gegenüberstellte und all das mit einem beschwingten Filmscreening im nahegelegenen Top Kino feierte. Unweit der dampfgebogenen Stücke von GTV stellte auch das niederösterreichische Familienunternehmen miramondo in der Festivalzentrale im GEWÖLBE aus. Wer mehr von dem hier zu sehenden Mobiliar für den Außenraum wollte, wurde in der Festivalzentrale auf der GSTÄTTN fündig. Dort nämlich ließ sich die wellig-fließende und mit 15,5 Metern längste Tafelrunde Österreichs bewundern. Auf dem Weg zur ersten Freiluftfestivalzentrale der VIENNA DESIGN WEEK konnten Besucher*innen letztlich auch in jene immersive Augmented Reality-Installation eintauchen, die auf Initiative der World Design Weeks erstmals in Wien und dabei begleitetet von täglichen Deep Dives vor dem Haus des Meeres zu erleben war.

Bei der VIENNA DESIGN WEEK stellten sich viele weitere österreichische und internationale Unternehmen, Museen, Kulturinstitutionen, Hochschulen, Galerien, Architektur- und Designbüros aller Größen mit eigens für das Festival erarbeiteten Beiträgen vor. Jahr für Jahr bildet das Format PLATFORM so die Meister*innenschaft der österreichischen Kreativwirtschaft mitsamt ihren internationalen Kontakten ab.